Ein blauer Seidenschal mit traditionellem Muster

Schöner Wandern

Wandern? Elegant? Stilvoll? Wieviel Koffer soll man denn da mitnehmen?

Na, ja, es kommt halt drauf an. In der totalen Wildnis ist geschmackvolle Kleidung und ein exklusiver Stil sicherlich nicht nötig, aber auf einem Premium-Wanderweg hilft es nicht nur Gepäck zu sparen, sondern auch, Plastik zu vermeiden und so nachhaltige Wanderbekleidung zu besitzen.

Wandern, vor allem Fernwandern, das sind schwere Stiefel, große Rucksäcke, unglaublich viel Dreck und immer Karohemden? Ja, aber halt auch nur, wenn man zeltet, sich selber versorgt und in relativer Wildnis unterwegs ist.

Allerdings hat man auf den meisten deutschen und auch europäischen Fernwanderwegen die Möglichkeit, in Herbergen zu übernachten. Man braucht kein Zelt, keinen Schlafsack, keinen Kocher und all das andere Zubehör, was den Rucksack schwer macht. In den Wanderführern liest man dann oft in den Packlisten von einer Art Abendkleidung. Darin wird strikt getrennt nach Wanderbekleidung (stabil, oliv, Karos) und Abendgarderobe (dezent, leicht, bequem). In den Leichtwanderforen wird dann genau das Gegenteil empfohlen; man soll möglichst nur ein Set Kleidung dabei haben und das am Körper. Moderne Werkstoffe machen das möglich, oft endet es aber in Laufshorts und Langarmshirts.
Nun ist der Stil auf einer Hütte nicht so wichtig, aber ich mag es, wenn man abends in Hotels, Restaurants oder bei Stadttouren einigermaßen angezogen aussieht. Die Möglichkeit, beim Wandern gut auszusehen sah ich außerhalb von Südtirol dann auf dem Pembrokeshire Coast Path, was dann auch zu einer kleinen Typenbetrachtung führte. An anderer Stelle schrieb ich über Utensilien für ein Walk in style, inzwischen hat sich aber viel verändert und vor allem ist eine angemessene stilvolle Ausrüstung beim Wandern tiefgehender als ein paar bestimmte Gegenstände im Gepäck.

Die Herausforderung an eine elegante Wanderkleidung ist dabei weiterhin, dass sie belastbar und funktional ist, bezahlbar, leicht und so zu kombinieren, dass man nur wenig einpacken muss. Dazu braucht man andere Materialien und andere Farben, als es sie im Outdoorshop™ bekommt und damit auch andere Bezugsquellen. Dazu soll es hier Tipps geben.

Farben und Muster, elegant und wandergeeignet

Bei Mustern ist das Thema Elegance schnell erledigt. Keine Karos! Bzw. kein großes Mustermix! That’s ist.
Einfarbige Kleidung ist gut zu kombinieren; wenn überhaupt kann man einzelne wenige Accessoires wählen, die z. B. Paisley- oder andere klassische Muster aufgreifen.
Bei Farben ist es ähnlich. Nichts schreiend buntes, nichts zeitgebunden modernes.
Ich erinner mich an die Zeit, als eine Kombination aus grau und hellem grün im Wanderbereich beliebt war, was zufällig den Uniformen der örtlichen Verkehrsbetriebe entsprach. Es verkaufte sich hier nicht allzu gut.
Die klassisch eleganten Farben sind natürlich immer etwas gedeckt, was im Hochtourenbereich etwas blöd ist, da man nur schlecht gesehen wird, allerdings gehen die Premiumwanderwege auch selten durch die Hochalpen.
So kann man mit dunkelblau, grau, rot und evtl. etwas grün einiges gut kombinieren.

Schnitte, elegant und wandergeeignet

Außer Farben und Mustern ist natürlich auch der Schnitt entscheidend für gut aussehende Kleidung. Man bekommt in der Regeln sehr weit geschnittene Kleidung mit vielen Taschen und Verstärkungen oder sehr technische Kleidung, die extrem sportlich wirkt. Elegant ist was anderes. Auch die Shirts, deren Nähte oft so sind, dass der Rucksack nicht drückt und den Schulterbereich verstärken, sind natürlich praktisch, aber stillos. Hier hilft es, sein Gepäck so zu reduzieren, dass man auf diese Verstärkungen verzichten kann und genau das wollen wir ja mit unserer eleganteren Kleidung erreichen. Win-Win, wir begeben uns also in eine Spirale der Leichtigkeit!
Auch hier sind klassische Schnitte der Sportmode der Schritt zu mehr Chic. Chinos, Polohemden, Crew-Neck-Pullover oder Troyer, alles das wurde als Sportmode lange Jahre genutzt, es gibt sie außerhalb der Outdoorbekleidung immer noch und es gibt keinen Grund sie nicht zu nutzen.

Stoffe, elegant und wandergeeignet

Opa trug noch Loden, das kommt natürlich für den modernen Wanderer nicht in Frage; Kunstfasern ersetzen inzwischen die schweren Wollstoffe. Oder auch nicht. Mit Merino gibt es einen neuen, alten Stoff, der funktionell ist und damit für alles mögliche benutzt wird: Socken, T-Shirts, Hemden, Unterhosen. Da, wo es altvertraut praktisch wäre allerdings findet man ihn nicht. Statt Pullovern wird immer noch gerne auf Fleece gesetzt, ein Kunststoff, der beim Waschen allerlei Mikroplastik freisetzt.
Zugegeben gibt es Kleidungsstücke, bei denen es mir schwer fällt auf Kunststoffe zu verzichten: Schuhe sind so leichter, die Hose pflegeleichter, die Regenjacken leicht und dicht. Auch die Rucksäcke kann ich mir nicht mehr aus schwerem Leder oder Wachstuch vorstellen.
Da ich – und da greife ich den Alternativen zum Kauf vor – häufig dort kaufe, wo ich auch die Alltagskleidung kaufe, unterscheidet sich auch die Materialwahl vom Outdoorbereich. Mit Kaschmir hat man das deutlich bessere und elegantere Merino, mit Seide eine gute Alternative zu Kunstfaser-T-Shirts. Für Socken und Unterwäsche geht eine Baumwollmischung ganz gut, ich achte aber immer darauf, dass es eine leichte und gute Baumwolle ist. Das habe ich gelernt: Baumwolle ist nicht gleich Baumwolle und auch dort lohnt es sich, den ein oder anderen Euro mehr zu investieren. Momentan experimentiere ich mit diversen Modalstoffen, was eine Art „natürliche Kunstfasern“ sind.
Theoretisch könnten Sie in Anzug mit Hemd wandern, so viel Kunststoffe wie dort inzwischen verarbeitet werden. Bügelfreie Hemden haben einen so hohen KuFa-Anteil, dass sie ohne weiteres gutsitzende Wanderhemden abgeben. Und was spricht eigentlich gegen einen Regenmantel?

Accessoires, elegant und wandergeeignet

Schirm, Charme und Melone, nein?! Ich finde es immer reichlich interessant, dass man angeblich deutsche Wanderer:innen daran erkennt, dass sie komplett ausgestattet sind. Wanderungen im Ausland beweisen das, man kommt auch wohl mit deutlich weniger spezifisch für’s Wandern gestalteter Ausrüstung durch einen Fernwanderweg.
Schlauchtücher mag ich z. B. gar nicht, ich setze auf Schals. Statt kompletter Regenbekleidung reicht mit inzwischen oft ein Schirm. Auch im Hygienebereich braucht’s oft keine speziellen Outdoorartikel, da reichen Omas&Opas Reiseutensiele.
Dann noch Sonnenbrillen und Hüte und Rucksäcke, die nicht aus dem Outdoorshop kommen müssen und schon kann man los.

Wo kaufe ich denn elegante Wandersachen?

Well, yeah. Nach dem bisherigen Text liegt die Vermutung nahe, dass man relativ wenig aus dem Outdoorshop™kaufen muss und das war meine Lösung. Momentan sind es noch die Schuhe (Minimal-Trailrunner) und die Regenjacke. Aus dem Golfshop kommt die Chino-Hose; Unterwäsche kommt von einem Schweizer Unterwäschehersteller, den ich auch im Alltag bevorzuge. Die Socken sind Business-Socken von einem deutschen Hersteller, die Seiden-T-Shirts (lang und kurz) kommen aus dem Bioladen. Im Winter habe ich Woll-Seidenshirts, auch die vom Schweizer. Die Daunenjacken gibt es von einem französischen oder einem italienischen Klassiker, die auch in Kaufhäusern zu finden sind, die sind just über der Spitze (was für ein Hinweis). Den Regenschirm bot das Taschenkaufhaus, es gibt da zwei klassische Hersteller, die extrem leichte Modelle anbieten. Dort finden sich auch wasserdichte, elegante Rucksäcke, die so viel eleganter sind, als das, was man allgemein als Wanderrucksäcke bezeichnet. Im Trail-Runningbereich finden sich dann leichte Mützen, Innenhandschuhe und Außenhandschuhe. Und sonst? Vielleicht eine Capri-Leggings als leichte Long-John-Alternative vom deutschen Traditionshersteller? Jo.
Blöd ist, dass es recht viel Suche erfordert.
Bio-Shampoo in einer kleinen Reiseflasche, noch etwas Rasierwasser aus einer Tropfflasche, ein Rasiergriff aus dem Bioladen und Rasiercreme umgefüllt in die Reisedose, das ist schon niveauvoll. Aus Tyvek gibt es kleine Portemonnaies und Etuis, die sind wirklich leicht und stilvoll.

Fazit

Manuel Andrack schrieb in seinem ersten Wanderführer als Untertitel: „Ohne Stock und Hut im deutschen Mittelgebirge“ oder so ähnlich. Hauptsächlich sagte er aber, dass man zum Wandern nur Schuhe braucht und ein Strecke, auf der man wandert. Also, so sinngemäß. Mir ist dabei wichtig, dass man für eine Wanderung und auch für eine Fernwanderung das wählen kann, was man für sich als richtig empfindet. Das kann durchaus ungewohnt elegante Kleidung sein, Hauptsache es funktioniert. Schauen Sie einfach recht und links der Outdoorindustrie und Sie werden viele schicke Alternativen zu ihrer gewohnten Packliste finden.


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